ROLAND JANKOWSKY ZWISCHEN KRIMI UND KULT

ODER: DER COOLSTE KOMMISSAR ÜBERHAUPT…

 

Wenn du in den letzten beiden Wochen in Münster unterwegs warst, hast du es bestimmt auch gemerkt!? Teile der Innenstadt wurden zum Filmset umfunktioniert, das „Wilsberg“-Team war wieder da… Gedreht wurde im Antiquariat, auf dem Domplatz und hinter dem Schloss; die ZDF-Krimireihe ist für eine ordentliche Portion Lokalkolorit bekannt. Daneben gründet sich ihr jahrzehntelanger Erfolg auf den unverwechselbaren Charakteren, von denen besonders einer inzwischen Kultstatus erlangt hat – Roland Jankowsky alias Kommissar Overbeck:

 

Münster ist zu einer zweiten Heimat geworden

 

Herr Jankowsky, schon zu Schulzeiten haben Sie in einer Theater-AG gespielt. Waren diese Erfahrungen „Schuld“ daran, dass Sie sich für den Beruf des Schauspielers entschieden haben?

Letztendlich ja. Die Bühnenluft, die Atmosphäre, den Spaß am Spielen – all das wurde durch die Schul-AGs gefördert. Wenngleich ich mir die Antwort darauf, was ich mal beruflich machen werde, erst sehr spät zugetraut habe. Damals musste man nach dem Abi oder der Schule noch Wehrdienst leisten, den habe ich verweigert und Zivildienst gemacht. Das waren über zwei Jahre; in der Zeit habe ich durchgehend Theater gespielt, wusste aber trotzdem nicht, was ich anschließend machen wollte. Dann habe ich lange überlegt, bis ich mir eingestanden habe, dass ich das machen sollte, was mir am meisten Spaß bereitet, und das war eben das Theater. Am Anfang war das – wie bei Vielen – ein steiniger Weg, man muss Ausdauer haben…

 

 

Das direkte Feedback der Zuschauer, der Applaus – all das bleibt bei Dreharbeiten aus. Macht es für Sie als Schauspieler einen großen Unterschied, ob Sie für das Theater oder das Fernsehen arbeiten?

Natürlich! Ich spiele zwar schon seit längerer Zeit nicht mehr am Theater, weil es zeitlich nicht mehr passt, habe aber durch meine Krimi-Lesungen den Kontakt zum Publikum, die Reaktionen, den Applaus und die Herausforderung, auf der Bühne in verschiedene Rollen zu springen. Das ist eine ganz andere Sache, wenn man direkte Reaktionen bekommt und Einfluss darauf nehmen kann, als wenn es am letzten Drehtag vorbei ist, dann nur noch die Regie, Musik, Redakteure und Cutter am Film arbeiten, und ich das Ergebnis erst nach einem Jahr zu sehen bekomme.

 

 

Neben „Wilsberg“ haben Sie für andere Krimi-Formate, etwa „SOKO Köln“, „Notruf Hafenkante“ oder „Friesland“ gedreht, außerdem aber auch viele Jahre in der Sitcom „Nikola“ die Rolle des Dr. Frank Brummel gespielt. Was macht Ihnen mehr Spaß – heitere Comedy oder düsterer Krimi? Und haben Sie bei „Wilsberg“ vielleicht die Möglichkeit gefunden, beides zu vereinen?

„Wilsberg“ ist tatsächlich kein böser Krimi, eher ein Familien-Krimi; nicht so düster wie mancher „Tatort“, bei dem Kinder gar nicht zuschauen dürfen. Wir werden von Neunjährigen, aber auch von 95-Jährigen geschaut; das merke ich deswegen, weil Leute allen Alters zu meinen Lesungen kommen, da sieht man die Bandbreite im Publikum… In einem Krimi oder eine abgründige Figur zu spielen, ist spannender als beispielsweise eine Rolle in einer Sitcom, weil man da als Schauspieler mehr reingeben kann.

 

 

Sie spielen seit 25 Jahren denselben Charakter, sind von Anfang an bei „Wilsberg“ dabei, wenn zunächst auch nur als namenloser Assistent. Inwieweit hat sich die Rolle über die Jahre entwickelt?

Vom namenlosen Assistenten, der drei Sätze gesagt hat, hin zu einem der Hauptdarsteller. Viele beschreiben Overbeck auch als die Kultfigur der Serie. Diese Entwicklung – ich habe da meinen Anteil daran, aber man braucht natürlich auch Autoren und eine Redaktion, die das Potential erkennen – ist eigentlich einzigartig; ich zumindest kenne keinen Fall, wo sich jemand von einer absoluten Nebenrolle in den Hauptcast hochgespielt hat. Das kommt in der Regel nicht vor, da bin ich wirklich eine Ausnahme.

 

 

Kommissar Overbeck ist sehr ambitioniert, lässt aber auch kein Fettnäpfchen aus… Gibt es etwas, das Sie mit Ihrer Rolle gemeinsam haben?

Ich hoffe nicht! Overbeck hat keine Freunde, keine Familie, eine Partnerin schon mal gar nicht; da bin ich privat ganz anders, ich habe eine Familie, pflege meine Freundschaften. Wenn man aber doch eine Parallele ziehen möchte, dann wäre es die, dass Overbeck jemand ist, der zwar immer wieder einen Kopf kürzer gemacht wird, immer wieder auf die Nase fällt, aber auch immer wieder aufsteht. Das ist es wohl auch, was die Zuschauer an ihm mögen: Er macht Fehler, lässt sich aber nicht unterkriegen. Und das kann ich dann auch privat für mich sagen, dass ich mich beispielsweise von Schicksalsschlägen nicht unterkriegen lasse, sondern auch so ein Steh-auf-Männchen bin.

 

 

In der zuletzt ausgestrahlten Episode „Folge mir“ war Overbeck auf dem besten Weg, ein bekannter Influencer zu werden. Inwieweit sind Ihnen die sozialen Medien wichtig, um mit Ihren Fans in Kontakt zu bleiben?

Es ist heutzutage ein Teil der Klaviatur… Man kann so tun, als ob man mit all dem nichts zu tun hat, oder sich fragen, wofür man das macht. Egal, ob Film oder Lesung, letztendlich machen wir das alles doch für das Publikum. Deswegen ist so ein Kontakt in Form von Autogrammen, Widmungen, gemeinsamen Selfies oder auch den sozialen Medien durchaus wichtig. Es ist mir ein emotionales Anliegen; wenn sich die Zuschauer und Fans freuen, freue ich mich auch!

 

 

Leonard Lansink bezeichnete im Interview die Zusammenarbeit im „Wilsberg“-Team als familiär. Wie sehr freuen Sie sich, wenn Sie Ihre Kollegen nach jeweils einem halben Jahr wiedersehen?

Familiär bedeutet nicht immer nur Friede, Freude, Eierkuchen, wo man die ganze Zeit zusammensitzt und Händchen hält; wir gehen also nicht jeden Abend zusammen essen oder agieren wie eine heitere Fernseh-Familie… Manchmal unternimmt man auch Sachen zusammen, besucht mal den Einen und mal die Andere; es ist aber nichts Regelmäßiges, keine tiefe Freundschaft, wie ich sie zum Beispiel mit meinem Trauzeugen habe. Aber natürlich ist über die inzwischen schon Jahrzehnte ein Vertrauen gewachsen; man weiß, was man einander hat und was man vielleicht auch nicht hat.  Insofern hat es schon etwas von einer Familie – wie im echten Leben auch: Mit Licht und Schatten.

 

 

In der Corona-Zeit konnte aus Platzgründen nicht im „Antiquariat Solder“ gedreht werden, doch zuletzt enthüllt Georg Wilsberg seine zuvor von einem Rohrbruch betroffene Wirkungsstätte mit einem fröhlichen „Willkommen daheim“. Was bedeutet es für Sie, wieder in die Frauenstraße zurückkehren zu können?

An den Reaktionen der Fans merke ich, dass das Antiquariat ein wichtiger Fixpunkt für die Zuschauer ist, obwohl in Wirklichkeit die meisten Szenen woanders gedreht werden; sobald man durch den Vorhang geht, ist man gar nicht mehr in Münster, sondern meistens in Köln. Dort drehen wir hauptsächlich; das machen viele Produktionen aus Nordrhein-Westfalen so, auch der Münsteraner und Dortmunder Tatort, weil die ganzen Filmproduktionen eben in Köln sitzen… Das Antiquariat mit den alten Büchern hat aber eine emotionale Bindung geschaffen, wir haben es – und auch Münster überhaupt – beim Drehen vermisst. Es gab eine Zeit im Lockdown, als wir gar nicht in der Stadt drehen durften; das fehlt dann auch den Zuschauern. Manche reflektieren bei der späteren Ausstrahlung dann leider nicht so genau, warum wir gar nicht vor Ort drehen konnten. Also, es ist wirklich schön, dass jetzt nach und nach wieder Normalität einkehrt!

 

 

Wie beeinflussen die Drehorte die Atmosphäre und Stimmung der Serie, wie wichtig ist die regionale Verbundenheit für das Konzept von „Wilsberg“?

Das regionale Konzept ging von den „Wilsberg“-Krimis des Autoren Jürgen Kehrer aus, und ich glaube schon, dass dieses Lokalkolorit wichtig für die Serie ist. Wobei die Polizei Münster uns immer sagt, dass hier niemals so viel gemordet wird wie bei uns oder im Tatort; da wird schon auch viel hinzugedichtet von den Autoren. Aber klar, das macht einen Krimi aus… Von neun Wochen Dreharbeiten sind wir aber nicht grundlos zwei Wochen in Münster; mit den sogenannten Postkartenschwenks – Domplatz, Prinzipalmarkt, Antiquariat – können wir viel von der Atmosphäre einfangen. Ich denke, dass die jahrzehntelange Bindung zu den Zuschauern und die immer noch sehr hohen Einschaltquoten von teilweise über acht Millionen dafür sprechen, dass wir eine sehr schöne Stadt in die Fernseher der Republik bringen, und teilweise sogar noch darüber hinaus: Ich bekomme auch Post aus Österreich und der Schweiz, die sehen uns auch.

 

 

Welche sind Ihre Lieblingsorte in Münster und Umgebung?

Ich laufe sehr gern, und deswegen hat mich von Anfang an der Aasee sehr begeistert. Man kann zwar auch nicht sagen, dass es eine ruhige Oase wäre; wenn jetzt endlich mal der Frühling kommen würde, würden auch wieder Massen von Menschen dorthin strömen. Aber ich finde die Atmosphäre dort trotzdem sehr schön, man kann da im Sommer auch grillen und picknicken, das hat schon was… Ansonsten laufe ich sehr gern auch auf der Promenade; wenn ich Aasee und Promenade verbinde, komme ich auf 9,5 Kilometer. Wenn es ganz viel Spaß macht, laufe ich die auch zwei Mal… Mit dem Fahrrad kann man die Gegend auch wunderbar erkunden, mal zum Schloss Droste-Hülshoff raus, in die Rieselfelder oder zum Longinusturm – das ist eine echt schöne Gegend, ich komme sehr gern hierher. Ich bin jetzt seit 25 Jahren regelmäßig hier, es ist so etwas wie eine zweite Heimat geworden.

 

Die Dreharbeiten in Münster sind nun abgeschlossen, doch man kann Sie auch auf anderem Wege live erleben: Der Kalender für die Lesetouren auf Ihrer Homepage ist prall gefüllt. Was erwartet die Besucher? Und wirkt sich Ihre Erfahrung als Schauspieler auch auf die Lesungen aus?

Meine Erfahrung als Bühnenschauspieler – nicht jeder, der sich vor der Kamera wohl fühlt, fühlt sich auch auf der Bühne wohl – zahlt sich insofern aus, dass ich in die Charaktere reinspringe; teilweise spreche ich an so einem Krimi-Lesungsabend bis zu zehn unterschiedliche Rollen und Dialekte. Das macht mir Spaß, das macht den Zuschauern Spaß, das ist die Würze der Krimi-Lesungen. Ich lese schräg-kriminelle, humorvolle Kurzgeschichten, die immer von einer überraschenden Wendung am Ende leben; der Zuhörer wird erstmal etwas in die falsche Richtung gelenkt, und dann gibt es hintenraus noch eine kleine Überraschung. Durch die Erfahrungen als Schauspieler funktioniert das eben auch so gut, die Säle werden von Jahr zu Jahr größer – im letzten Jahr war ich bei über neunzig Veranstaltungen, dazu kommen noch vier Monate Dreharbeiten. Damit die Familie nicht zu kurz kommt, muss ich die Lesungen wohl noch ein bisschen einschränken…

 

 

Ob als Zaungast am Set in Münster oder bei einer seiner zahlreichen Lesungen, es gibt auch für dich viele Möglichkeiten, dich persönlich davon zu überzeugen, dass Roland Jankoswky gar nicht wie Overbeck ist – und trotzdem sind wir froh, dass gerade er Overbeck ist!

https://www.rolandjankowsky.de/

https://www.instagram.com/rolandjankowsky/

https://www.facebook.com/roland.jankowsky

Die Fotos mit Ausnahme des Titelbildes und des Fotos vom Antiquariat wurden mit freundlicher Unterstützung von Roland Jankowsky (Portraits / Fotografen: Markus Hauschild, Alexandra Kaumanns, Mirjam Knickriem) und dem ZDF-Presseportal (Team und Szenen aus Wilsberg / Fotograf: Thomas Kost, ZDF, Serviceplan) zur Verfügung gestellt.

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