DIE BESTSELLER-AUTORIN GISA PAULY UND IHRE KRIMIS

ODER: DER HERBST IST GERETTET!

 

Auch wenn der Sommer gerade noch einmal ein Comeback feiert, freust du dich bestimmt auch schon ein bisschen auf die herbstliche Gemütlichkeit!? Mit einer Kuscheldecke und einem heißen Tee aufs Sofa, während der Regen an die Fensterscheiben prasselt, dazu ein gutes Buch und die Welt ist perfekt! Doch was, wenn der Lesestoff zwischendurch ausgeht? Dann solltest du mal nach den Werken der Münsteraner Autorin Gisa Pauly Ausschau halten, denn damit ist dein Herbst garantiert gerettet:

 

 Hauptsache authentisch

 

Frau Pauly, zwanzig Jahre haben Sie als Lehrerin gearbeitet, 1993 Ihren Dienst quittiert und das Buch „Mir langt´s! – Eine Lehrerin steigt aus“ geschrieben. Was genau hat Ihnen damals gelangt?

Gelangt hat mir das Verhalten der Schüler und die zunehmende Gewalt. Damit meine ich noch nicht einmal die körperliche Gewalt, sondern die Vorstufe, die verbale Gewalt… Nach so vielen Jahren denke ich heute manchmal, dass ich damals etwas überempfindlich war; die Lehrer heute haben mit ganz anderen Sachen zu kämpfen. Mir hat damals die Respektlosigkeit, mit denen Schülern einander, aber auch Lehrkräften begegneten, ziemlich bald gereicht. Die Disziplinlosigkeit, der Wunsch, einen Schulabschluss geschenkt zu bekommen, obwohl man sich nicht anstrengen möchte, diese mangelnde Leistungsbereitschaft – das war auch etwas, das mich sehr gestört hat. Ich war an einer Berufsschule, da wurden die Prüfungen von den Kammern, also zum Beispiel von den Industrie- und Handelskammern, abgenommen, und die reagierten auf diese Haltung der Schüler, indem sie die Prüfungsaufgaben immer leichter machten. Das kann es doch nicht sein!

 

Laut einer Anfrage des WDR an das Schulministerium haben sich die Kündigungen verbeamteter Lehrkräfte in den letzten zehn Jahren fast verdreifacht. Welche Gründe sehen Sie hierfür, was würden Sie Betroffenen raten?

Ich denke, das sind die gleichen Gründe, die auch mich damals zu diesem Schritt bewogen haben. Es hat sich einfach in dem System nichts geändert. Obgleich ich den Betroffenen nichts raten kann, habe ich großes Verständnis für sie! Lehrer arbeiten auf verlorenem Posten, die Unterstützung fehlt ihnen ganz augenscheinlich. Ihnen wird alles Mögliche abverlangt, den Schülern und Eltern gar nichts – deren Ansprüche werden so gut wie möglich erfüllt, die Ansprüche der Lehrer sind offenbar nicht weiter wichtig.

 

 

War es eigentlich von vornherein der Plan, als freie Schriftstellerin zu arbeiten, oder ist das durch den Erfolg des ersten Buches entstanden?

Als ich mich in der Schule nicht mehr wohl fühlte, habe ich überlegt, was ich sonst machen kann, wenn ich nun wirklich kündige. Und da entstand diese Idee, aus meinem Hobby, was schon immer das Schreiben gewesen ist, eine Profession zu machen. Das habe ich ein paar Jahre vorbereitet und zu allen möglichen Zeitschriften und Redaktionen Kontakt aufgenommen; es dauert eine Weile, bis ein Vertrauen entstanden ist und man regelmäßig Aufträge bekommt. Irgendwann konnte ich dann sagen: Jetzt könnte es klappen! Es war kein leichter Schritt, man gibt eine Menge an Sicherheit auf, aber ich habe mich dann entschlossen, die Kündigung auszusprechen. Und dann habe ich begonnen, mein erstes Buch zu schreiben.

 

 

Was begeistert Sie so sehr am Schreiben und wie sind Sie auf das Genre „Krimi“ gekommen?

Das Schreiben hat mich immer schon begeistert, ich habe schon als kleines Mädchen gern geschrieben. Abgesehen vom Inhaltlichen gefällt mir die Haltung, am Schreibtisch zu sitzen und einen Stift in der Hand zu haben. Auf einem Klassentreffen sagte mal eine ehemalige Mitschülerin zu mir, dass sie sich überhaupt nicht darüber gewundert hätte, dass ich Schriftstellerin geworden bin – sie kannte mich nur mit Stift in der Hand… Ich arbeite gern mit Sprache, ich habe kein Problem damit, so lange an einem Satz zu feilen und so lange über das richtige Wort nachzudenken, bis ich sicher bin, dass da genau das steht, was ich ausdrücken wollte. Einen Krimi zu schreiben, fand ich allerdings zunächst gar nicht gut; wenn mich mal eine Redaktion gebeten hat, einen Kurzkrimi zu schreiben, dachte ich immer, dass ich das gar nicht kann. Dann gab es in den „Westfälischen Nachrichten“ den Aufruf des „Emons“-Verlags aus Köln, der jemanden für einen Regional-Krimi in Münster suchte. Es ging um die Wiedertäufer, und ich hatte direkt eine Idee dazu. Also habe ich mich beworben, den Vertrag bekommen und direkt Blut geleckt.

 

 

Inzwischen haben Sie 44 Bücher geschrieben, fast die Hälfte davon spielt auf Sylt. Warum haben Sie ausgerechnet die beliebte Urlaubsinsel als Schauplatz des Verbrechens ausgewählt? Und erkennen Sylt-Kundige bestimmte reale Plätze oder Gebäude in Ihren Büchern wieder?

Meine Grundidee war, zwei Temperamente aufeinander prallen zu lassen: Ein südländisches – das war für mich direkt Italien, weil ich das Land sehr liebe – und eins aus dem Norden. Dann habe ich überlegt, welche Insel es sein soll, und mich für Sylt entschieden, weil wir früher mit den Kindern dort oft Urlaub gemacht haben, und ich mich ganz gut auskannte. Ich lege sehr großen Wert darauf, dass alles, was ich von der Insel beschreibe, auch wirklich in der Realität vorzufinden ist. Bevor ich ein Manuskript abgebe, fahre ich immer vorher noch einmal nach Sylt und kontrolliere, ob das alles so passt. Manchmal sind das banale Dinge, die man nicht weiß, auch wenn man die Insel wirklich gut kennt. Während ich schreibe, führe ich eine Liste mit der Überschrift „Überprüfen“, und da notiere ich alles, wo ich nicht ganz sicher bin. Wenn das Manuskript dann fertig ist, wird diese Liste auf Sylt abgearbeitet. Das ist zwar ein Aufwand, aber mir persönlich wirklich wichtig – ich bekomme oft das Feedback von Lesern, dass sie Spaß daran haben, die Geschichten vor Ort nachzuvollziehen und auf den Pfaden von „Mamma Carlotta“ zu wandeln.

 

 

Insgesamt siebzehn Bücher gibt es schon in der „Mamma-Carlotta“-Reihe. Inwiefern hat sich die Figur im Laufe der Zeit weiterentwickelt, wieviel Gisa Pauly steckt in diesem Charakter?

Die Protagonistin selbst hat sich gar nicht groß verändert; sie ist natürlich älter geworden, und auch ihre Kinder sind inzwischen erwachsen, aber ansonsten ist sie die gleiche geblieben. Und wieviel von mir in „Mamma Carlotta“ steckt? Genau das bin ich mal von einer Journalistin gefragt worden, und ich antwortete, dass wir nichts gemeinsam hätten. Mein Mann stand daneben, hat zunächst geschwiegen und sagte hinterher zu mir, dass er da anderer Meinung sei: „Mamma Carlotta“ hat die Angewohnheit, immer alles ganz schnell zu machen, die Macke habe ich auch; ihr fällt permanent etwas zu Boden, und mir geht es genauso. So ganz trennscharf ist es dann offenbar doch nicht…

 

 

Wie läuft das ab, wenn Sie sich an ein neues Buch setzen: Haben Sie die Geschichte schon vorher im Kopf, oder entsteht Sie während des Schreibens? Haben Sie einen bestimmten Lieblingsort oder bevorzugte Zeiten, an denen Sie am liebsten schreiben?

Zuerst konstruiere ich die Geschichte, schreibe ein Exposé, reiche es dem Verlag ein und lasse es gegenlesen. Manchmal fehlt einem die Distanz zu der Idee und man macht einen Fehler in der Planung, also fange ich erst an zu schreiben, wenn der Verlag sein Okay gegeben hat. Das heißt aber nicht, dass die Geschichte dann auch genau so ausfällt; manchmal ändere ich während des Schreibens auch noch etwas. Aber das Grundgerüst steht auf jeden Fall vorher! Am liebsten schreibe ich in meinem Arbeitszimmer, und ich bin eine absolute Frühaufsteherin, schon während des Frühstücks fange ich an zu arbeiten. Dann nehme ich mir das vor, was ich am Tag zuvor geschrieben habe; dazu drucke ich das aus und nehme mir die Korrekturen vor. Nach dem Frühstück packe ich dann meinen Aktenordner, gehe ins Arbeitszimmer und übertrage die Korrekturen in den PC, danach schreibe ich die Geschichte weiter. Und das Tag für Tag, auch samstags und sonntags!

 

Mit Ihrem neusten Werk „Treibholz“ sind Sie auch auf Lesereise unterwegs. Was erwartet die Besucher, wo kann man Sie in der nächsten Zeit treffen?

Früher habe ich sehr viele Lesungen gemacht und bin dafür auch weit gefahren, aber ich versuche, das ein bisschen einzuschränken. Durch die Pandemie habe ich gemerkt, wieviel Zeit einem verloren geht, wenn man so viel im Auto sitzt. Da ist dann bei einer Lesung ein ganzer Arbeitstag weg. Ich versuche, die Veranstaltungsorte im Radius von einer Stunde Autofahrt zu halten, bin dann also häufig noch im Münsterland, oder mache mehrere Lesungen hintereinander, damit sich die Anreise auch lohnt. Die jeweiligen Termine findet man auf meiner Homepage… Eine Lesung bedeutet natürlich, dass ich aus meinen Büchern vorlese, aber nicht nur! Ich erzähle sehr viel, auch von mir selbst, weil ich festgestellt habe, dass die Zuhörer immer gern auch etwas über die Autorin und nicht nur über das Buch erfahren.

 

 

Sitzen Sie aktuell auch schon wieder an einem neuen Buch, wird es eine Fortsetzung für „Mamma Carlotta“ geben?

Die Fortsetzung ist tatsächlich schon fertig. Es hat sich so ergeben, dass ich zwei Bücher pro Jahr schreibe. Das nächste wird „Breitseite“ heißen und ist aktuell im Lektorat. Außerdem bereite ich gerade etwas ganz Außergewöhnliches vor: Im Oktober werde ich für vier Monate auf Weltreise gehen und dabei ein Buch schreiben, das auf dieser Reise spielt. Ich werde mit einem Schiff unterwegs sein, und genau da spielt dann auch die Familiengeschichte mit kriminellem Anteil. Damit habe ich schon angefangen, werde aber die Zeit vor Ort für eine gründliche Recherche nutzen, weil auch in diesem Buch alles wieder ganz authentisch beschrieben sein soll. Ende Februar komme ich zurück, im März habe ich Abgabe und im Herbst wird es dann erscheinen.

 

 

Ihre Krimis spielen auf Sylt, Ihr Leben findet aber in Münster statt. Was schätzen Sie an der Stadt und der Umgebung am meisten?

Ich bin zwar nicht in Münster geboren, aber war erst zwei Jahre alt, als meine Familie hierherzog. Seitdem lebe ich hier. Ich habe immer gedacht, ich müsste die Stadt mal verlassen, aber das hat sich nie ergeben, und das finde ich jetzt auch ganz gut. Ich mag das Beschauliche – die Menschen, denen man hier begegnet, sind angenehm, wenig Aggressionen auf den Straßen, viel Grün in der Stadt.

 

Zumindest im Fernsehen ist Münster als Krimi-Stadt ja auch nicht ganz unbekannt… Wäre das nicht auch ein guter Ansatzpunkt für eine neue Geschichte?

Momentan würde ich das nicht schaffen… Aber Ende August kommt ein Buch raus, das im Münsterland angesiedelt ist, und zwar auf Schloss Oberwerries. Da mache ich immer meine Premieren-Lesungen, und meine Verlegerin hatte die Idee, dass ich auch mal einen Einzeltitel aus dem Münsterland herausbringe. Es sollte in einem Schloss spielen, und da ich die Örtlichkeiten in Oberwerries so gut kenne, war dann klar, dass es das werden sollte. Ich habe in dem kleinen zugehörigen Hotel gewohnt, kenne die Leute dort, konnte nachfragen und mich umschauen. Den Schlosskeller, in dem etwas Schauerliches passiert, gibt es zwar in Wirklichkeit nicht, aber ansonsten ist auch hier wieder alles ganz nah dran an der Realität! Am 31. August gibt es die Premieren-Lesung von „Stille Wasser sind fies“, natürlich auf Schloss Oberwerries – wer möchte, kann sich gern einen Eindruck verschaffen.

 

 

Nehmen wir mal an, du kennst noch keins von Gisa Paulys Werken und liest im Schnitt ein Buch pro Woche – dann bist du nicht nur für den Herbst, sondern sogar bis in den nächsten Sommer hinein gut versorgt… Doch auch wenn es noch so spannend ist, bitte nicht vergessen, zwischendurch mal wieder auf „Zauberhaftes Münsterland“ vorbeizuschauen – fröhliches Schmökern wünsche ich dir!

https://www.gisapauly.de/

https://www.instagram.com/paulygisa/

https://www.facebook.com/gisa.pauly

Das Titelbild habe ich gemacht, die vier Portrait-Fotos wurden von Gisa Pauly und die vier Lesungs-Fotos von „Lichtinspektor“ Martin Janzik mit freundlicher Unterstützung zur Verfügung gestellt.

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