ODER: JOANA MERTENS ORDNET DAS GEDANKEN-CHAOS
Du sitzt in einem Vortrag, einer Vorlesung, einer Unterrichtsstunde, bist hoch motiviert, möchtest dir möglichst viel merken – keine Chance, spätestens nach einer Viertelstunde schweifen deine Gedanken ab… Oder noch schlimmer, du hältst einen Vortrag, eine Vorlesung, eine Unterrichtsstunde, hast eine wichtige Botschaft, bemühst dich um die Aufmerksamkeit deiner Zuhörer – keine Chance, spätestens nach einer Viertelstunde schaust du in gähnende Gesichter… Keine Panik, das ist völlig normal; das Gehirn kann gehörte Worte einfach nicht so gut verarbeiten, da hilft auch die sechsundzwanzigste PowerPoint-Folie nicht weiter. Doch das „Karakterkind“ Joana-Virginia Mertens aus Telgte hat eine Lösung für dieses Problem:
Über den Rand malen
Kennst du sie auch, die Angst, vor einem weißen Blatt Papier zu sitzen? Den ersten Strich zu machen, das erste Wort zu schreiben? Dabei ist es doch die pure Entspannung, die tausend Gedanken in deinem Kopf zu sortieren; die Schrift entschleunigt, gibt das Denktempo vor. Und besonders, wenn es ums Zeichnen geht, kommt dann häufig der Einwand: Ich kann das doch gar nicht, habe kein Talent – der innere Perfektionismus-Kobold hat gesiegt, die Angst vor einer Bewertung ist einfach zu groß. Mindestens tausend Mal hat Joana diese Einwände schon gehört, und sie mindestens auch genauso häufig widerlegt; am Ende eines Workshop-Tages stehen immer ausnahmslos alle Teilnehmer mit strahlenden Augen vor ihr – das habe ich wirklich ganz allein geschafft!?
Joana weiß, woher diese Bedenken kommen – bestimmt hast du früher mal über den Rand gemalt, bist dafür kritisiert worden und hast es dann einfach aufgegeben!? –, kennt sie aber von sich selbst nicht. Ihr ist es schon immer leicht gefallen, ein weißes Blatt, von der Postkarte bis zur Flipchart, aufzuteilen und mit Leben zu füllen, beruflich ging es aber zunächst in eine andere Richtung. Einige Jahre hat sie in der Personalentwicklung eines großen Unternehmens gearbeitet, doch das Zeichnen ließ sie einfach nicht los. 2015 machte sie sich nebenbei selbstständig, zunächst nur mit Illustrationen, bis sie zwei Jahre später einen Graphic Recorder bei der Arbeit sah…
Das war genau der Weg, ihren Beruf und ihre Leidenschaft miteinander zu verbinden, Kommunikation sichtbar zu machen – Joana war so geflasht, dass sie sich ein Buch darüber kaufte, weiter recherchierte, sich selbst an die Arbeit machte und weitere zwei Jahre später in die volle Selbstständigkeit ging. Das „Karakterkind“ war geboren – ein bisschen mit dem Kopf durch die Wand, mit einem großen „K“ für Kreativität und Kommunikation sowie dem Mut, einfach mal über den Rand zu malen:
Von SketchNotes und Graphic Recording
Du bist Bäcker, Friseur oder Gärtner? Glückwunsch, du musst deinen Beruf niemandem erklären! Als Graphic Recorderin hat Joana es nicht immer so leicht, daher möchte ich das heute mal für sie übernehmen. Fangen wir erstmal klein an, nämlich mit der Basis des Ganzen: Von SketchNotes hast du bestimmt schon einmal gehört!? Wie das Wort schon sagt, handelt es sich um die Verbindung von Bildern und Wörtern mit dem Ziel, komplexe Sachverhalte zu visualisieren.
Zunächst einmal mag dir das vielleicht furchtbar kompliziert erscheinen, doch wenn du dich erst auf den Weg gemacht hast, wirst du dir sozusagen deinen eigenen Werkzeugkasten in Form einer Symbolbibliothek zurechtlegen, auf den du immer wieder zurückgreifen kannst. Natürlich gibt es gewisse Standards, eine Idee wird fast immer durch eine Glühbirne visualisiert, ansonsten wird sich deine persönliche Bibliothek ganz individuell gestalten – schließlich ist kein Mensch wie der andere!
So, nun sitzt du also vor dem weißen Blatt Papier, wie geht´s dann weiter? Üblicherweise beginnst du mit dem Text, teilst das Blatt in sogenannte Container, also strukturierende Boxen, auf, führst das Auge durch Pfeile von der einen zur nächsten und versiehst die einzelnen Stichworte und Gedankengänge mit kleinen Bildchen aus deiner Symbolbibliothek. Und was soll das Ganze? Eine Studie hat zum Beispiel belegt, dass sich Schüler, die einen Text mit kleinen Visualisierungen versehen haben, den Inhalt sechs Mal besser merken konnten als die, die ihn nur gelesen haben. Und noch eine Zahl – ohne dich überfordern zu wollen, schließlich habe ich hier keine SketchNotes am Rand: Das Gehirn erfasst Bilder 60.000 mal schneller als Worte – ich denke, damit ist das eingangs genannte Problem schon einmal ganz gut gelöst.
Vielleicht denkst du nun, ich schweife ab, aber eigentlich ist damit auch schon ganz gut erklärt, was ein Graphic Recorder macht: Joana ist bei deiner Konferenz, deinem Gruppenprozess, deiner Podiumsdiskussion dabei und hält das Gesagte grafisch in Echtzeit fest. Das bedeutet nun nicht, dass sie Wort für Wort protokolliert, sondern sie hört zu und bringt Inhalte auf den Punkt, indem sie sie grafisch abbildet – natürlich spielt ihr hierfür auch ihre Berufserfahrung in der Personalentwicklung und ihr Verständnis für unternehmerische Zusammenhänge in die Karten.
Nach Absprache bezieht sie auch die Zuhörer mit ein, stellt eine Frage und lässt sie auf kleinen Karten beantworten, die dann einen Platz in der Grafik finden; eine gute Möglichkeit, dem Publikum eine große Wertschätzung entgegenkommen zu lassen und gleichzeitig in die Köpfe der Menschen zu schauen. Nach der Veranstaltung versammelt sich dann häufig eine ganze Traube Interessierter vor der Flipchart, Gespräche kommen in Gang, neue Denkimpulse werden gesetzt; viele machen ein Foto der Grafik, um sie als Gedankenstütze gleich in der Hosentasche und die Inhalte direkt wieder präsent zu haben, andere geben das Original an eine Druckerei, um es professionell digitalisieren zu lassen und anschließend als Memo zur Verfügung zu stellen.
Zurück zu dir, du hast nämlich nun zwei Möglichkeiten: Entweder du lädst Joana zu eurem Event ein; über das gesamte Münsterland verteilt begleitet sie Veranstaltungen mit mehreren hundert Teilnehmern. Oder du machst es einfach selbst – es empfiehlt sich zwar nicht, während des Redens zu zeichnen, das geht meist auf Kosten der visuellen Qualität, aber du kannst deine Grafik ja durchaus auch vorbereiten; hat natürlich den Vorteil, dass auch du selbst die Inhalte für deinen Vortrag dann besser im Kopf hast.
Natürlich möchtest du dich nicht blamieren, natürlich braucht es dazu auch ein bisschen Übung, aber auch hierbei bietet Joana Unterstützung an: Ihr könnt sie zu einem Workshops direkt zu euch an den Arbeitsplatz oder – in einer Gruppe von sechs bis zehn Personen – auch privat einladen. Vorab besprecht ihr, ob ihr das benötigte Material über eine entsprechende Liste selbst besorgt oder ob Joana fertig gepackte Etuis mitbringen soll… Du wirst sehen, schon nach kurzer Zeit wirst du die Angst vor dem weißen Blatt verloren haben und erste Erfolge erzielen!
Und wenn du es nun nicht mehr abwarten kannst und direkt loslegen möchtest, hier noch ein paar Tipps: Beginne nicht auf der ersten Seite des Notizbuches, sondern einfach mittendrin; so wirst du deine Hemmungen am besten los. Schau dich in deiner Umgebung um und suche Gegenstände, die eine Grundform wie einen Kreis, ein Drei- oder Viereck enthalten; es geht darum, komplizierte Motive sehr einfach darzustellen. Du brauchst kein Profi-Equipment; der Stift, der neben dir liegt, ist immer der Beste. Dass du Mut haben darfst, über den Rand zu malen, weißt du ja schon – viel Spaß!
Karakterkind, Joana-Virginia Mertens, Achtermannweg 2, 48291 Telgte
https://www.instagram.com/karakterkind/
https://www.facebook.com/karakterkind/
Die Fotos wurden zum Teil mit freundlicher Unterstützung von Joana Mertens zur Verfügung gestellt.