EIN STERN FÜR MÜNSTER: DAS „FERMENT FINE DINING“

ODER: LAURIN KUX ÜBER HAMBURG, MÜNSTER UND DAS „RESTAURANT ACKERMANN“

 

Bestimmt wartest du sehnsüchtig darauf, endlich mal wieder essen zu gehen!? Auch wenn du in den letzten Wochen genügend Zeit hattest, deine eigenen Kochkünste zu perfektionieren – es ist einfach nicht das Gleiche. Kulinarische Inspiration muss her! Mit ganz viel Glück und entsprechenden Abstandsregeln können die Restaurants ab Anfang Mai wieder öffnen; ich bin sicher, dein Lieblingsgastronom wartet genauso sehnsüchtig auf dich wie du auf ihn. Auch Laurin Kux würde am liebsten die Türen des „Ferment“ in Münster-Roxel sofort wieder aufschließen. Denn er hat nur wenige Tage, bevor der Fine-Dining-Bereich des Traditionsrestaurants Ackermann zusammen mit allen anderen gastronomischen Betrieben des Landes schließen musste, einen ganz besonderen Stern nach Münster geholt:

 

Geschmackliche Raffinesse auf neuem Niveau

 

Herr Kux, als Münsterfan freue ich mich ganz besonders, Sie kennenzulernen, denn Sie haben als Küchenchef im „Ferment“ einen Michelin-Stern nach Münster gebracht. Deutschlandweit gibt es im Guide Michelin nur 308 Stern-Adressen. Haben Sie damit gerechnet, dass es schon im ersten Anlauf klappen wird?

Gerechnet haben wir nicht damit, das war schon sehr früh, noch nicht einmal ein Jahr nach der Eröffnung. Natürlich haben wir uns Chancen ausgerechnet, aber planbar ist so etwas nie… Kurz vor Schluss steigt dann die Anspannung doch noch einmal extrem an; auch wenn man vorher so überzeugt von seiner Arbeit war, kommt man dann kurz ins Zweifeln. Dementsprechend ist die Freude dann auch sehr, sehr groß, wenn´s klappt!

 

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Sie kommen aus Münster und sind dann nach Hamburg gegangen. Dort haben Sie im „Jellyfish“ auch schon einen Stern erkocht. Eigentlich lief für Sie in Hamburg ja alles perfekt… Warum sind Sie dann doch nach Münster zurückgekehrt?

Diverse Gründe… Damals gab´s eine Story im „Hamburger Abendblatt“: Sternekoch verlässt Stadt wegen Wohnungsnot! Das war schon etwas überzogen dargestellt… Ich habe das aber schon als einen der Gründe angeführt: Wir haben in einer Dachgeschosswohnung gewohnt, und dann kam das dritte Kind. Es zeichnete sich nicht ab, dass wir eine Chance hatten, in unserer direkten Umgebung was zu finden; da, wo auch die Kinder zur Kita gingen. Das war zumindest ein Anstoß, mich auch mal woanders umzusehen. Dann wurde auch noch meine Mama sehr krank, und so hat es uns ins Münsterland zurückgezogen. Ich habe mich auch hier immer wohl gefühlt, meine Frau im „Hof zur Linde“ kennengelernt, aber wir wollten beruflich auch einfach mal etwas anderes sehen. Daher haben wir 2012 gemeinsam entschieden, nach Hamburg zu gehen. Wir fanden die Stadt beide irgendwie cool; ich war mal auf Klassenfahrt dort, und so hat es uns in den Norden gezogen.

 

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Kommt der Name „Ferment“ von „fermentieren“?

Ja, das ist so. Ich bin zum ersten Mal darauf gestoßen, als ich in Hamburg im „Jellyfish“ das Küchenzepter von meinem Vorgänger Nils Egtermeyer übernommen habe; er hatte mir als Abschiedsgeschenk das Buch „Fermentation“ von Heiko Antoniewicz geschenkt… Hier ist es schon so, dass wir auch sehr viel damit arbeiten, das spielt in unserem Menü immer eine Rolle. Es ist jetzt nicht das ganz große Oberthema, um das sich wirklich alles dreht, aber man wird schon feststellen, dass sich das auch durchs Menü zieht. Es sind ja auch sehr viele Lebensmittel fermentiert, von denen man das im Alltag gar nicht denkt oder das so deklariert ist: Schokolade, Wein und Sauerkraut zum Beispiel. Bei uns spielt das schon eine große Rolle, und daher auch der Name.

 

Ferment Münster

 

Was ist Ihrer Meinung nach der wichtigste Unterschied zwischen einem guten Restaurant und einem Sternerestaurant?

Schwierige Frage, da wir ja hier vor Ort beides haben. Im „Restaurant Ackermann“ kochen wir auch echt auf einem Super-Niveau, das ist auch eine komplett frische Küche ohne Convenience-Produkte! Für mich zeichnet sich der Unterschied aus durch eine geschmackliche Raffinesse, die noch mal ein neues Niveau erreicht. Wo die Zwischentöne in diesem harmonischen Geschmack total zu erschmecken sind. Und natürlich die Produktqualität, was besonders Fisch, Fleisch und die Meeresfrüchte angeht, aber auch Gemüse und Pilze, das alles unterscheidet sich in der Sterneküche doch deutlich von anderen Restaurants.

 

Impressionen-Restaurant Ackermann

 

Wie würden Sie die Küche im „Ferment“ beschreiben? Was darf ich als Gast erwarten?

Mir ist es wichtig, eine Super-Produktqualität zu bieten, und eben auch immer wieder geschmackliche Überraschungserlebnisse! Das ist schwer zu beschreiben; ich versuche, dass jeder Gast – egal, wie geschmacklich erfahren er ist – hier begeistert rausgeht. Da sollte im Mund richtig was passieren; viele nennen das „Geschmacksexplosion“. Man muss halt probiert haben, um zu wissen, was ich meine…

 

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In Ihren Menüs kann man jede Menge Kräuter entdecken. Bauen Sie die selbst an?

Ja, direkt im Garten hinter dem Restaurant haben wir vier Hochbeete. Die Kräuter und das Gemüse aus unserem Garten ist neben Produktqualität und Fermentation sozusagen die dritte Säule unserer Küche. Da fängt gerade alles an zu wachsen; es ist so schade, dass derzeit keiner kommen kann. Hier wachsen auch spezielle Kräuter wie Pfefferblatt oder Austernblätter, aber eben auch Erdbeeren und Radieschen. Damit wir auch wirklich wissen, woher das kommt, ziehen wir alle Pflanzen ausschließlich aus „Bioland“- und „Demeter“-Samen selbst auf. Das ist sehr pflegeintensiv; meine Frau, die hier die Patisserie macht, kümmert sich morgens um die Pflänzchen, und ich ernte sie dann abends.

 

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Woher beziehen Sie die übrigen Zutaten? Was ist Ihnen wichtig bei der Auswahl Ihrer Lieferanten?

Ich ziehe jetzt keine festen Zirkel, aber ich achte schon drauf, dass ich regional einkaufe. Gleich fahre ich hier in Münster zum „Hof Holtmann“, da werden Wagyu-Rinder gezüchtet. Auch auf dem Markt habe ich viel beim „Naturlandhof Büning“ gekauft; die „Ölmühle Schönefeld“ hier in Münster macht wunderbare Öle… Ich achte schon sehr darauf, wo ich kaufe! Bei Fisch achte ich darauf, wie er gefangen worden ist; manchmal kommt er dann auch aus Frankreich, das ist dann eben so. Manches bekommt man halt vor Ort nicht; da ist dann die Qualität und die Fangmethode wichtig. Im „Jellyfish“ hatten wir ja auch nachhaltigen Fisch, und da lege ich nach wie vor sehr viel Wert drauf! Das ist nicht nur für das „Ferment“ so, sondern auch für das „Restaurant Ackermann“.

 

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Küchenchef in einem Sternerestaurant zu sein ist ja auch enorm stressig und aufwendig. Bei Ihnen kommt noch hinzu, dass auch Ihre Frau im Restaurant arbeitet und Sie drei kleine Kinder haben. Wie bringt man das alles unter einen Hut?

Meine Frau ist morgens hier und bereitet alles vor, und dann wechseln wir uns im Prinzip ab. Organisation ist da alles, so bekommen wir das alles gut hin!

 

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Die Chemie stimmt

 

Frau Ackermann, als Sie einen neuen Koch suchten, haben Sie gezielt nach einem Sternekoch gesucht oder waren Sie überrascht, dass sich ein absoluter Spitzenkoch beworben hat?

Ganz klar, letzteres! Wir haben einen Küchenchef gesucht, und als dann die Bewerbung von Herrn Kux kam, war mein Mann erst schon skeptisch. Sterneküche – da wussten wir erst gar nicht so genau, ob das zu uns passt… Aber ich habe dann schon gesagt, dass wir uns den mal ansehen sollten; einfach mal schauen, wie er ist. Wir haben uns dann getroffen, und auch noch vier weitere Male, aber beim ersten Mal waren wir uns eigentlich schon sicher, dass es passt! Und das ist ganz entscheidend: Entweder stimmt die Chemie, oder eben nicht. Dazwischen gibt´s nichts! Das Gefühl hatten wir bei Herrn Kux von Anfang an, und als wir dann auch noch Frau Kux kennengelernt haben, waren wir restlos überzeugt, das auszuprobieren! Mit Erfolg, wie man sieht…

 

Restaurant Ackermann

 

Natürlich müssen wir derzeit auch über die Corona-Pandemie reden. Welche Auswirkungen hatte die Restaurantschließung auf Sie, und wie können Sie derzeit überhaupt die Zukunft planen?

Wir müssen irgendwie planen, sonst wäre es ganz furchtbar! Die Auswirkungen in der Gastronomie sind eine Katastrophe, obwohl ich natürlich Verständnis dafür habe, dass Gesundheit vorgeht! Wir haben fast für das ganze Jahr die Hochzeiten abgesagt; ich habe jetzt noch welche für Oktober, aber da kann auch keiner sagen, ob die stattfinden können. Das ist wirklich eine Katastrophe, und wir haben auch gerade – wie alle anderen auch – überhaupt gar keine Ahnung, wann wir wieder öffnen können, und wie genau es weitergeht. Wir haben Glück, dass unser Restaurant so groß ist, und wir die Abstandsregeln gut umsetzen können! Mir tun da wirklich die Kollegen leid, die ein ganz kleines Restaurant haben. Das wird ein Verlustgeschäft von bestimmt siebzig Prozent; das können die wenigsten stemmen! Wir bieten jetzt Außer-Haus-Service von Freitag bis Sonntag an und werden das auch im Catering-Bereich weiter ausbauen, weil auch uns ja Plätze verloren gehen werden. So kann man unser Essen dann auch zuhause oder bei der kleinen privaten Feier genießen, wenn irgendwann mal wieder kleinere Gruppen zusammenkommen dürfen. Außerdem werden wir für das „Ferment“ eine eigene Terrasse und einen Bereich im Erdgeschoss öffnen, wenn wir wieder dürfen. Wir sind vorbereitet. Mehr können wir im Moment nicht machen!

 

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Bei mir hat der Besuch im Ferment und im Restaurant Ackermann noch mehr Sehnsucht geweckt, demnächst auch mal auswärts wieder richtig lecker zu schlemmern und mir etwas Besonderes zu gönnen! Vielleicht geht es dir ja ähnlich, und wenn es soweit ist, sehen wir uns mit reichlich Abstand auf der Terrasse vom Ferment!? Bis dahin: Bleib gesund!

 

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Die Fotos aus der Küche, vom Essen, dem Weinkeller, Familie Ackermann und dem Tisch im Restaurant Ackermann wurden mit freundlicher Unterstützung zur Verfügung gestellt von:

Ferment Fine Dining, Roxeler Str. 522, 48161 Münster

https://restaurant-ackermann.de/ferment-fine-dining/

https://www.instagram.com/restaurantferment/

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