ODER: DER BIO-HONIG AUS DEM MÜNSTERLAND
In den letzten Tagen war es noch angenehm mild, vielleicht hast du sogar noch das ein oder andere Bienchen umhersummen sehen!? Die fleißigen Tierchen wissen schließlich nicht, dass es schon Anfang November ist; sie interessiert nur, dass mindestens zwölf Grad erreicht werden, und sie somit die letzten Sonnenstrahlen noch für einige Flugstunden nutzen können. Und was passiert, wenn es nicht mehr warm genug wird? Na, dann sitzen sie auf ihrem eigenen Honig, sollten nicht mehr gestört werden und in die Winterruhe kommen – zumindest, wenn es nach Birgit Conrad und Marc Seesing aus Coesfeld geht. Denn für die beiden Imker aus Leidenschaft sind die Bienen nicht nur ihre fleißigsten Mitarbeiter, sondern auch ein äußerst wertvoller Beitrag für eine intakte Natur:
Die Bischofsmühle am Honigbach
Was glaubst du – wo finden Bienen mehr Futter: In Berlin oder im Münsterland? Ich weiß, was du nun denkst; mir ging es nicht anders, aber ich muss dich leider enttäuschen… Denn das, was wir als zauberhafte Parklandschaft wahrnehmen, ist aus Insekten-Sicht nichts anderes als eine grüne Wüste. Und genau deshalb haben Birgit und Marc lange darüber nachgedacht, ob sie mit ihren Bienen wirklich ausgerechnet hierher ziehen möchten; eigentlich hatten sie eher über den süddeutschen Raum nachgedacht. Doch durch eine lokale Imkerei werden nicht nur die heimischen Bienen gefördert, sondern auch der Fortbestand für Millionen von Wildpflanzen garantiert – wo würde das mehr Sinn machen als dort, wo in dieser Hinsicht noch nicht so viel passiert ist!?
Sich auf Facebook darüber beschweren, dass nichts für den Naturschutz getan wird, klar, das kann jeder; aber die wenigsten machen sich daran, auch wirklich etwas zu ändern. Nicht so bei Marc Seesing: In Bremen geboren lebte er inzwischen in Berlin und machte sich Gedanken darum, wie er sich engagieren, in einer kleinen ökologischen Nische seinen Beitrag leisten konnte, von dem alle profitieren. Schnell war er beim Thema Biene angekommen, doch dass diese auch in der Großstadt gut leben und reichlich Nektar sammeln kann, hatte er nicht gedacht.
Durch weitere Recherchen stieß er auf den „Stadtbienen e.V.“, erfuhr, dass die Großstadt mit ihren botanischen Gärten und ohne landwirtschaftlich genutzte Flächen durchaus die optimalen Bedingungen zum Imkern bietet; zudem ist es hier auch immer ein paar Grad wärmer als auf dem platten Land. Von seiner Mutter bekam er die ersten zwei Bienenvölker geschenkt, ließ sich vor über zehn Jahren von einem Imker ausbilden, mehr und mehr Völker kamen hinzu, und auch als er beruflich bedingt nach Hamburg zog, nahm er seine Bienen selbstverständlich mit. Denn er hatte gelernt, dass er in einer noch so kleinen ökologischen Nische einen wertvollen Beitrag für die Umwelt leisten konnte…
Ähnlich ging es auch Birgit Conrad; sie lebte ebenfalls in Berlin, hatte einen schön angelegten Garten, nun fehlten nur noch die Bienen. Gemeinsam mit Marc engagierte sie sich in Unternehmensprojekten, stellte Bienenstände an spannenden Standorten auf; selbst die Max-Schmeling-Halle war plötzlich vor dem eifrigen Summen nicht mehr sicher. Besonders am Herzen lag ihr, dass schon die ganz Kleinen von der wichtigen Arbeit der Bienen erfahren; viele Großstadtkinder waren noch nie in so engen Kontakt mit der Natur gekommen.
Auch Marc Seesing war es wichtig, sein Wissen weiterzugeben; einer alten Imker-Tradition folgend bildete er über die Jahre viele weitere Imker im gesamten deutschsprachigen Raum aus, bietet auch heute noch Imkerkurse an, denn es ist entscheidend, dass sich diese so wichtige Aufgabe weiter multipliziert und der Fortbestand auch langfristig gesichert ist.
Warum? Durch die Augen eines Imkers betrachtet wird deutlich, dass viele, viele Insekten, Schmetterlinge und Libellen, still leiden, keinen Lebensraum mehr finden, allmählich aussterben. Durch Kleinigkeiten kann hier aktiv gegengelenkt werden – und so ist ein Imker immer auch ein Flächengestalter!
Über zwanzig Völker hatten Birgit und Marc inzwischen, ihr Hobby nahm immer mehr Platz in ihrem Leben ein, und so überlegten sie, eine eigene Imkerei zu gründen. Wie kamen sie nun nach Coesfeld? Marcs Vater war hier an der Bischofsmühle geboren, das älteste Profangebäude des Münsterlandes ist schon seit 1888 in Familienbesitz, und auch Marc hatte früher hier schon immer seine Ferien verbracht und ein zweites Zuhause gefunden. Nun bestand die Möglichkeit, den angegliederten Hof zu bewirtschaften, und so zogen Birgit und Marc mit ihren Bienen 2018 nach Coesfeld und gründeten „gesammelt.net“.
Einige Voraussetzungen waren schon gegeben, die Flächen ringsherum wurden schon seit fast dreißig Jahren als Wildgehege genutzt und waren von der konventionellen Landwirtschaft ausgenommen; an den benachbarten Teichen konnten Birgit und Marc die Kräuter und Wasserpflanzen wild wachsen lassen. Außerdem siedelten sie bestimmte Pflanzen – ganz bewusst auch asiatische Bäume als Spätblüher – an. Inzwischen ist das Gelände aufgrund seiner hohen Diversität vom „Nabu“ ausgezeichnet; gut für die Bienen und anderen Insekten, gut auch für dich, denn dieses besondere Aroma kannst du natürlich auch im Honig schmecken!
Ab dem 13. Jahrhundert wurde in der Bischofsmühle Mehl gemahlen – Führungen können über das Stadtmarketing angefragt werden, Schautafeln informieren Besucher über alles Wissenswerte rund um die Mühle –; auch damals trieb schon der Honigbach, der seinen Namen von den bei starkem Regen angespülten, gelblichen Sedimentgesteinen hat, das Wasserrad an. Heute fließt hier wieder der Honig, aber eben auf ganz andere Weise:
Aus der Wabe ins Glas
Die geflügelten Mitarbeiter dürfen ganzjährig an einem Standort bleiben und ihrem natürlichen Schwarmdrang nachgehen; Birgit und Marc sind keine Wanderimker, die ihre Bienen den Pflanzen hinterherbringen, sondern machen sich auf die Suche nach Standorten in der Umgebung, die langfristig genutzt werden können und vor allem den strengen Vorgaben entsprechen, denn ihr Honig ist BIO-zertifiziert. Die Fläche dafür ist also begrenzt, Naturschutzgebiete und Waldflächen fernab der konventionellen Landwirtschaft, in der mit Pflanzenschutzmitteln gearbeitet wird, eignen sich am besten.
Birgit und Marc bringen die Bienenstände hierher, den Rest erledigt die Natur: Obstbäume und Kastanien, Linden und Spätblüher haben sich offenbar so miteinander arrangiert, dass jede Art ihre Bestäubungsleistung konkurrenzlos einfangen kann, und so finden die Bienen in ihrem Flugradius von drei Kilometern immer genügend Nahrung. Je nach Zeitpunkt der Honigernte, die von Mai bis in den Spätsommer hineingeht, schmeckt der Honig dann eben auch immer ein bisschen anders; bei „gesammelt.net“ kannst du dich auch zu Verkostungen anmelden, bei denen du den Unterschied ganz deutlich herausschmecken wirst!
Nicht mehr und auch nicht weniger als der eigene Honig kommt bei Birgit und Marc ins Glas: In der voll ausgestatteten Weißraum-Honigküche mit Schleuderautomat wird der Honig während der Kristallisationsphase lediglich gerührt, damit er cremig wird; ansonsten wird er nur durch ein sehr feines Sieb geseiht und naturbelassen abgefüllt.
Und auch die Bienen dürfen selbstverständlich einen großen Teils ihres Honigs behalten und darauf überwintern; finden sie mal nicht genug Nahrung, wie im vergangenen Dürre-Sommer, werden sie von Birgit und Marc entsprechend unterstützt und zugefüttert – ansonsten sind und bleiben es Wildtiere, die das Jahr so nehmen, wie es eben kommt, und jetzt erstmal ungestört Pause machen dürfen…
Während in der wärmeren Jahreszeit die einen Bienen umherfliegen und Honig sammeln, bleiben die anderen zurück, bauen neue Waben und sondern dabei Wachs aus ihren Drüsen aus. Auch beim Sammeln dieses wertvollen Rohstoffes gehen Birgit und Marc ganz behutsam vor, nehmen nur das, was die Bienen entbehren können, stellen daraus Kerzen und Wachstücher aus zertifizierter Baumwolle her, die sich wunderbar zur nachhaltigen Verpackung von Lebensmitteln eignet.
Und dann wäre da noch die Propolis – selbstverständlich dürfen wir hier keine medizinischen Ratschläge geben, aber von eigenen Erfahrungen zu berichten, sollte erlaubt sein: Marc hilft die Propolis-Tinktur ganz wunderbar zum Beispiel bei Halsschmerzen… Alles, was die Bienen für dich „gesammelt.net“ haben, kannst du nach Anruf vor Ort an der Bischofsmühle bekommen oder online über die Homepage bestellen.
Vielleicht magst du ja auch mal eine Führung machen, den beiden Imkern aus Leidenschaft über die Schulter schauen, einen Kurs zur Met-Herstellung oder sogar einen Imkerkurs machen!? Fest steht, dass du so einen ganz einzigartigen Einblick in das Netzwerk der Natur bekommst und Teil der Unterstützer dieser ökologischen Verkettung werden kannst.
Und auch, wenn du dir nur einen leckeren, regionalen BIO-Honig aufs Frühstücksbrötchen schmieren möchtest, unterstützt du damit den lokalen Fortbestand von vielen Pflanzen- und Insektenarten – das sollte es dir doch in jedem Falle wert sein!
Imkerei gesammelt.net, Birgit Conrad & Marc Seesing GbR, Bischofsmühle 10, 48653 Coesfeld
Die Fotos wurden mit freundlicher Unterstützung von „gesammelt.net“ zur Verfügung gestellt.