DIE „LACKAFFEN“ SIND LOS!

ODER: VON DEN MUSKULÖSESTEN ZEIGEFINGERN MÜNSTERS…

Wie stellst du dir eigentlich einen Lackaffen vor? Aalglatter Typ, aufpolierte Maßschuhe, zurückgegeltes Haar? Besserwisserisch, arrogant, aufgeblasen? Überall schon gewesen, zu allem fähig, mit jedem bestens bekannt? Kann ich voll und ganz verstehen, denn die mittelhochdeutsche „Laffe“, aus der sich unser Lackaffe vermutlich entwickelte, war eine „große Lippe“. Und wer eine dicke Lippe riskiert… – du weißt schon! Aber ganz ehrlich: den echten „Lackaffen“ tust du mit deiner Einschätzung ganz schön unrecht:

Der Werdegang eines „Lackaffen“

Wie wird man nun zum „Lackaffen“? Wie „man“ das macht, kann ich dir leider nicht verraten, denn obwohl schon die alten Römer Graffitis in ihre Hauswände geritzt haben, gibt es weder eine Ausbildung noch ein Studium zum Graffiti-Künstler. Wahrscheinlich liegt das daran, dass gar nicht so viele Menschen in der Lage wären, derartige Kunstwerke allein mit Sprühdose und Augenmaß zu vollbringen!?

Naja, zumindest kann ich dir erzählen, wie Philipp Scharbert zu einem geworden ist. Seine Leidenschaft fürs Sprühen hat er schon als Teenager entdeckt, doch es war gar nicht so leicht, Flächen zu finden, auf denen er seiner Kreativität legal freien Lauf lassen konnte.

Und so war er auch schwer begeistert, als er während seines Studiums in Münster den „Hawerkamp“ entdeckte; ein ehemaliges Industriegelände, das die Stadt Sprayern und anderen Kreativen zur Verfügung stellte. Eine Menge Übung später kam dann der erste Auftrag direkt aus seiner Nachbarschaft: Philipp und sein WG-Kumpel hatten tatsächlich 500 Mark mit ihrem Hobby verdient. Und so kam, was kommen musste: Seine Werke wurden gesehen, neue Aufträge kamen hinzu, Menschen blieben begeistert vor den Werken des „Lackaffen“ stehen und erzählten davon.

Auch Philipp blieb begeistert und konnte sich vorstellen, ein Leben als „Lackaffe“ zu führen. Also machte er sich 2004 selbstständig und gründete die „Lackaffen“ in ihrer heutigen Form.

Mit der Zahl der Aufträge, die ein einzelner Zeigefinger kaum bewerkstelligen konnte, wuchs dann natürlich auch sein Team. Da es aber eine ganze Menge Talent und außerdem äußerst muskulöse Zeigefinger benötigt, um zum echten „Lackaffen“ zu werden, wird Philipp nicht über die klassischen Job-Suchmaschinen fündig. Gute Kontakte in der Szene und eine Universitätsstadt mit zahlreichen Design-Studenten helfen ihm aber dabei, immer wieder Ausnahmetalente wie Sprayer Maximilian Ziegner und Designer Simon Carvelius zu finden!

Die Spuren der „Lackaffen“

Wenn du mal aufmerksam in Münster unterwegs warst, hast du bestimmt schon zahlreiche Spuren der „Lackaffen“ entdeckt!?

Schließlich tragen ganze Hausfassaden, Lärmschutzwände, Stromkästen und sogar Autos ihre Handschrift – oder wie auch immer man das bei Sprayern nennt.

Noch nicht entdeckt? Dann mach dich mal auf ins Treppenhaus der Landesbibliothek oder zur Weseler Straße 325 – dort erwartet dich ein ganz besonderer Affe! Auch am Aasee haben die „Lackaffen“ ihr Unwesen getrieben – da begegnest du einem besonders klugen Köpfchen, das die Stadt zu Lebzeiten schon besucht hat.

Die Bildsprache der Graffitis funktioniert natürlich nicht nur in Münster, sondern auch international. Inzwischen findet man die Werke der „Lackaffen“ daher auch in 63 Ländern weltweit. Besonders stolz sind die „Lackaffen“ auf diese Fassade in Amsterdam. Aus einer tristen Innenstadtfläche wurde binnen kurzer Zeit ein Anne Frank Porträt im Pop-Art Stil.

Bei der Gestaltung eines echten Flugzeugs, das im Freizeitpark „Irrland“ in Kevelaer steht, konnten die „Lackaffen“ ihr Klettertalent mal so richtig unter Beweis stellen: Sechs von ihnen turnten zehn Tage lang auf oder unter dem „Papagei“ rum, ehe tausend Sprühdosen und dreihundert Liter Klarlack verarbeitet waren.

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Wie du sieht: Die „Lackaffen“ kennen keine Grenzen – jedes Objekt kann mit jedem Motiv ganz individuell gestaltet werden… Wenn du nicht gleich mit deiner ganzen Hausfassade anfangen möchtest, wäre ein Graffiti auf Leinwand vielleicht der passende Start!? Netter Nebeneffekt: Du kannst es beim nächsten Umzug sogar mitnehmen.

Da die Werke der „Lackaffen“ zum lebenslangen Begleiter werden, wenn du sie nur lässt, solltest du dir ihren Standort tatsächlich gut überlegen! Manchmal kannst du sie sogar ganz praktisch nutzen, zum Beispiel zum „Verstecken“ von unvermeidbaren, aber wenig attraktiven Objekten im Außenbereich.

Oder zur Abwehr illegaler Graffitis, die so manchen Eigentümer ärgern. Denn unter Sprayern gilt ein Ehrencodex, und ein solches Werk würde niemals mit hässlichen Schmierereien übersprüht!